Die Regimentsfahnen und Standarten im 16. und 17. Jahrhundert

Von Paul Martin, in "Die Hoheitszeichen der Freien Stadt Strassburg"

 

Gleich zu Beginn des 16. Jahrhunderts gab der feierliche Einzug, das „Einreiten“ des Bischofs Wilhelm von Honstein in Strassburg 1507 einen willkommenen Anlass zur Herstellung neuer Fahnen:

Und wurden inen V neuwe fenlin gemacht, dann das sechst fenlin das die zur blumen hatten, was damasten und das best. Zu disen fünff fenlin warent usz geben VIII lib. VI schilling XI den. umbb II weisze postzendell und X elen rot postzendell, auch für VI stenglin mit eisen zu den fanen und um neg seid und davon zu machen“.

Der Text sagt uns nicht, ob diese „venlin in den rot-weissen Stadtfarben oder in den gewechselten Farben des Bistums gehalten waren, doch scheint die Tatsache, dass die Zunft zur Blume (Metzgerzunft) eine solche aus Damastseide gefertigte Fahne führte, die erste Annahme zu bestätigen. „Zendell“ ist der schon für das Muttergottesbanner der Stadt verwendete Seidentaffet (cendal). Die Fahnenschäfte waren mit „eisen“-Spitzen versehen.

Die Form dieser Fahnen war wohl derjenigen der Dornacher Fahne von 1499 ähnlich, oder der 1544 von Jakob Köbel auf einem Holzschnitt wiedergegebenen Stadtfahne. Dieser Holzschnitt stammt aus dem sogenannten „Fahnenbuch“ oder „Wapen des heyligen Römischen Reichs /Teutscher Nation“, das bis zum Ende des Jahrhunderts in mehreren Auflagen erschien. Einige Exemplare sind nicht übereinstimmend koloriert, sodass das Banner von „Strassburgk“ zwar meist mit rotem Schrägbalken als Fahne der Stadt, doch auch umgekehrt, mit weißem Balken im roten Feld, als Banner des Bistums Strassburg erscheint.
 



Die Fahne der Stadt Strassburg.
Holzschnitt aus dem "Fahnenbuch" von Jakob Köbel 1544

Die Haltung dieses Straßburger Stadtfähnrichs ist charakteristisch für die zur Landsknechtzeit aufgekommene Kunst des Fahnenschwingens. Die an Umfang stets zunehmenden Fahnen wurden schon zu Ende des 15. Jahrhunderts nur noch mit einem kurzen Stiel versehen, der gerade genügend Raum für die Griff-breite der Hand ließ. Das Schwingen der Fahne erforderte nicht nur besondere Kraft, sondern auch eine große Übung und Geschicklichkeit. Im Laufe des 16. Jahrhunderts diente die Fahne auch schon zur Abgabe von Signalen im Kampf. Das Fahnenschwingen wurde deshalb nicht nur besonders geübt, sondern auch zu einer gewissen „Kunst“ mit bestimmten Regeln und Vorschriften ausgebildet; es erfreute sich bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts grosser Beliebtheit.

Die kriegerischen Ereignisse des 16. Jahrhunderts stellten an den städtischen Wehrstand und seine militärische Bereitschaft stets wachsende Anforderungen. Die für normale Verhältnisse genügende Wehrmacht der Stadt, die sich aus der Zunftorganisation und aus ständigen Soldtruppen zusammensetzte, erwies sich als unzureichend. Die zusätzliche Werbung und Einstellung oft landfremder Truppenteile, die in den städtischen Sold traten, wurde unumgänglich. Die Fahnen der verschiedenen Fußvolkeinheiten, sowie diejenigen der Reiterei, spielen jetzt als Unterscheidungs- und Sammelzeichen der einzelnen Truppenteile eine wichtige Rolle.

Die Instruktionen für die der Stadt Strassburg zustehenden Fahnenrechte, wurden 1532 beim Feldzug gegen die Türken ausdrücklich wiederholt. Als nun der Fähnrich des Fußvolkes Caspar von Lohr im Lager von Wien, trotzdem er „bey der Stadt Strassburg Fendlein zu bleiben geschworen“ auch „sonders befohlen solch fendlein nit lassen under zu tun“, das Straßburger Fahnentuch von der Stange nahm und durch die Farben des Rheinischen Kreis-Obersten, Herrn Philipp von Dhun zu Oberstein und Falckenstein ersetzte, wurde er bei seiner Rückkehr nach Strassburg vor dem Rat zur Rede gestellt and ohne Dienstgeld sofort entlassen. Die Stadt spaßte weder mit den ihr zustehenden Privilegien noch mit der städtischen Fahnenehre.

Eine wertvolle anonyme Handschrift von 1593, die sich im Besitz des Historischen Museums der Stadt Strassburg befindet, ist für das Fahnenwesen von der Mitte des Jahrhunderts an besonders ergiebig. Ihr Titel lautet : Cronicon Alsatiae, darin begriffen was für krieg und handlungen mit den Bischoffen und der Stadt Strassburg und anderen benachbarten vorgeloffen auch was des Stiftes anfang, in vier teil abgeteilt.

1.      Buch. Von der Stiftung und anfängen dess Bistumbs auch aller Bischoff, samt iren wapen und Cleinodien.

2.      Von dem Zug und Einreithung Caroli V. und Henrici II. ankunfft in dz Elsass, beineben allen fahrens der Statt in solcher Unruh.

3.       Von der Trennung, anfang der Unruh, und Zwittracht der Catholischen und Evangelischen, Bruderhöfischen Capitularen.

4.       Folget der Strassburgische krieg und Unruh samt allen. Scharmützlen Einnemereien und Blünderungen der Stadt und Vestungen im Elsass mit sonder tabulen abgezeichnet, wie auch dero Fahnen ordentlicher weiss abgezeichnet, neben den Schreiben so in wärentem Krieg gegen einander abgangen samt den Mandaten und Handlungen - may 1593

Die Fahnen sind in kolorierten Handzeichnungen wiedergegeben und im Text an verschiedenen Stellen verteilt. Jedes Blatt (von 30 cm Höhe und 19 cm Breite) zeigt 6 Fussvolkfahnen oder 2 bis 3 Reiterfahnen.

Der Zeichner hat diese Feldzeichen in beinahe quadratischer Form mit leicht abgerundeter Flugseite wiedergegeben. Sie entsprechen somit der im Laufe der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts allgemein üblichen Form und waren wohl ziemlich groß. Jede Fußvolkfahne ist mittelst einer Tülle am Fahnenschaft befestigt, der einen kurzen Handgriff und eine eiserne Spitze aufweist. Die Reiterfahnen oder Standarten sind in zwei Formen vertreten; einmal in der damals allgemein üblichen Gestalt der eingeschnittenen und dann in der neueren, quadratischen Art, die gegen Ende des Jahrhunderts aufkommt. Jedes Feldzeichen ist mit dem Namen und der Rangbezeichnung des entsprechenden Anführers und manchmal auch mit dem Namen des Fähnrichs versehen.

Die ersten 4 Blätter dieser Fahnendarstellungen gelten dem Zeitraum von 1552 bis 156o. Das Erste (fol. 154) zeigt 6 Fahnen mit der Überschrift : „Fendlein der Statt Strassburg im Jahr 1552 und im Jahr 1558“, während die Unterschrift berichtet : „Diese 6 fahnen sind von der Statt Strassburg als der frantzoss Metz eingenommen hatt, und nach Strassburg zoge, angenommen worden“.

Es handelt sich um den Zug König Heinrichs II. von Frankreich nach Lothringen und in das Elsass, der auch die Stadt Strassburg zu rascher Gegenrüstung zwang. So hatte die Stadt „Knecht angenommen. Und dazumal hatte die Statt etliche fendlein Knecht in der Statt also dz sie 6 auffgerichter fahnen beysammen hatt ... « (fol. 145). Mit diesen Fahnen sind nicht die Feldzeichen, sondern die militärischen Einheiten (Kompagnie) gemeint.

Das Fahnenbild hatte sich damals allgemein insofern verändert, als die rein heraldischen Darstellungen, mit Ausnahme von Staats- oder Fürstenfeldzeichen, einem Streifensystem oder linearen Aufteilungen in den Farben der Anführer oder Städte gewichen waren. Dies traf auch für Strassburg zu. Die Stadtfarben rot und weiß kommen in linearer Anordnung in allen erdenklichen Zusammenstellungen vor.

Die sechste Fahne dieser Gruppe führt nur den weißen Balken im roten Feld, also die Farben des Bistums Strassburg. Handelt es sich hier nur um einen Zufall der Farbenzusammenstellung (gewechselte Farben des Stadtwappens), oder um ein vorn Bistum der Stadt zur Verfügung gestelltes Fähnlein? Weder der Chroniktext noch andere Quellen erlauben es, die Frage zu beantworten.

Wir nennen von links nach rechts, und von oben nach unten, die unter jeder Fahne stehenden Namen :

  1. Haubtman Andress Latter, fendrich Veltin wirt zur Wannen.

  2. Obrister der Statt Str(assburg) : Clauss von Hattstatt, fendrich Niklaus von Uttenheim, Jr(Junker) Jacob Bleiss war Haubtman, Clauss von Hattstatt über dz gantz regiment.

  3. Haubtman Hans Lang genannt Langhanss.

  4. Haubtman Asimus Böckel, fendrich frantz Jacob von Wollabaroy.

  5. Haubtmann Jr. Erhart von Wangen.

  6. Haubtman Medart Rinck von Dalheim.

Das nächste Blatt (fol. 156) trägt die Aufschrift: „Fußvolkfahnen der Statt Strassburg ao 52 und 58 /60“. Das Stadtwappen tritt im Eckquartier mehrerer Fahnen auf oder es füllt auch vollständig das Fahnenblatt des vierten Feldzeichens.



Fussvolk-Fahnen der Stadt Strassburg von 1552-1558 (oben links), von 1552 und 1552/1560 (oben rechts) von 1569 (unten links), von 1569 und 1576.Aus dem „Cronicon Alsatiae“ (Historisches Museum der Stadt Strassburg). Die roten Streifen und Flächen der Fahnen sind hier schwarz wiedergegeben.

Die Namen :

  1. Bernhard Schmid fendrich
  2. Bastian Sulzer von Freyburg Haubtman anno 58.
  3. Jr. David vom Stein Haubtman anno 58.
  4. Haubtman Medart Rinck von Dalheim. Hans Meyer zum Tieffen Keller fenrich ao 69. als man den Bischof Joan von Manderscheid wölte.
  5. Haubtman Medart Rinck von Dalheim ao 58.
  6. Haubtman Michael Körber. fendrich Bentzen Ganss der schiffman.

Die 6 Fahnen des dritten Blattes (fol. 158) zeigen Varianten in den Stadtfarben; in den ersten vier nimmt der rote Schrägbalken die Hauptstelle ein

. Titel : „fahnen der Statt Strassburg ao 69“. Die Namen :

  1. Medart Rinck von Dalheim Haubtman.

  2. Haubtman Michael Körber. Fendrich Clauss Braitenacker von Weissenburg.

  3. David vom Stein Haubtman.

  4. Haubtman Baltasar Seiterle.

  5. Haubtman Jr. Heinerich füll stettmeister. fendrich Hans Herolt von Horb.

  6. Hans, pleininger Haubtman fendrich David vom Stein.

Sechs weitere Fahnen (fol. 16o) beschliessen diese Gruppe unter der Bezeichnung: „Strassburgische Fahnen ao 1569 und ao 15“. Über jeder Fahne die Namen :

  1. Haubtman Batt Wilhelm von Basel.
  2. Haubtman Michael Würtenberger, fendrich Bartholomäus Hanser.
  3. Haubtman Medart Rinck von Dalheim. fendrich Carlen Pfeffinger.
  4. Haubtman Jacob Waldner.
  5. Haubtman Hans Schonner von Nürnberg.
  6. Diser fahnen ist ao 76 von Martin Braunen dem Bürstenbinder im grossen schiessen getragen worden.

Nicht nur bei Kriegszügen und Waffenlärm wurden die Stadtfahnen entfaltet, auch als friedliche Erinnerungs- oder Ehrenzeichen leuchteten ihre hellen, rot-weißen Farben. So begegnen wir ihnen anlässlich der unvergesslichen „Hirsebreifahrt“ der Zürcher zum Straßburger Armbrust- und Büchsenschiessen im Jahre 1576-Als zuverlässiger Gewährsmann erzählt ein Zürcher Augenzeuge von den frohen Tagen in Strassburg und dem feierlich herzlichen Abschied vor der Rückfahrt der Zürcher :

„Uf sölichs habe ein eersamer rat der statt Strassburg zuo einem gedenkzeichen allda verordnet eim ieden einen fanen, irer statt eerenzeichen, des glichen einen seckel und fünf silberner stuck dorin, mit bitt, wöllend söliche geringe schenke in bester meinung ufnemen und verstan. Hiemit hat man den zedeI, darin unser aller namen gestanden ang'hept zuo lesen und ist alldo gestanden hérr Sturm, stettmeister, und hat allmalen einen fanen genommen mit sampt einem seckel, und dem, der dann gelesen ward, in die hand geben und mit disen worten geredt : ich wünsch dem herren vil guots und ein glückselige rais ! Nochdem die fanen sampt den secklen also usgeteilt sind worden, hat man uns mit den fanen so wir in unseren händen getragen, uf's ammeisters stuben gefüert zuo einem wohlgerüsten imbiss, da aber die music da gewesen. Noch dem imbiss hat man uns wider zuo unser herberig beleitet ; allda sind g'standen VI gerüster rollwägen, uf wöliche wir, nochdem wir unseren plunder dorin geleit, gesessen, und ang'hept, darvon ze faren ; iedoch so haben wir die fanen in unseren händen gefüert“.

Mit diesen Fahnen zogen die Hirsebreifahrer, von der Bevölkerung mit Jubel begrüßt, wiederum in Zürich ein.

Neben den in städtischem Sold stehenden Berufssoldaten, die noch als Landsknechte bezeichnet werden können, wurde bei drohender Kriegsgefahr im Notfall die städtische Miliz aufgeboten, die sich aus der Bürgerschaft und den Zünften rekrutierte. Diese Bürgermiliz war in 5 „Quartierfahnen“ eingeteilt und führte für jedes Stadtquartier ein eigenes Feldzeichen. Die Einteilung bestand bis zum Jahre 1672.

Anlässlich des großen Stückschiessens in Strassburg 1590 wurde die Stadtmiliz einberufen, über deren Fahnen unsere Handschrift ausführlich berichtet. Die eingehende Beschreibung dieses städtischen Aufgebotes (fol. 188) geben wir hier ungekürzt wieder:

Schiessen mit grossen Stücken“.

Im Jahr Christi 1590 haben die Herren der Statt Strassburg auff der Metziger Aue ein schiessen mit grossen stücken gehalten,. und auff Montag 25. May sind die schützen das erst mahl bey dem Zeughauss zusammen kommen am morgen umb 5 Uhr, Und sind der Statt Haubtleit Voran gezogen, darnach ettliche glieder mit Musceten und Haken, nach diesen führte man 2 halb schlangen, Nach dem folgte das erste Quartier das ein weissen fahnen fürte und die anderen feldzeichen die auch weiss waren. Nachdem der blauwen fahn sambt stücken, hernach.. zum dritten ein Rotter fahn, auch in einem wirklichen fahnen, seiner Verordnete Zündruten hernach. Nachdem folgte die gefreyte Rott, under der wahr ein Ersamer rath und die Verordnete Herren als namentlich Jr. Gabriel zum Treübel stettmeister, Herr Nicolaus Fuchs ammeister, Mathias von Gottisheim Treizehner und Obrister Zeugherr, und Niclaus von Türcken treizehner, Jr. Heinrich Brechter der Zeugherren einer, und Ambrosiy Trausch auch der Zeügherren einer. Denen folgeten wieder 3 stück wie dann der stück miteinander 12 waren, under einem jeden quartir. 2. Dem nach der fahn der roth und weiss war, der wurde getragen von Bernharten von Kageneck einem Jungen vom Adel, des stettmeisters sohn. Nachdem das 4. quartir die eingrünen fahnen fürten, das fünfft quartir fürt ein gelben fahnen. In Summa sie waren alle wohl gebützt, und hatte die fürleit rotte und weisse röck an, ettliche mit roten Strichen : und sind irer in die 900 gewessen. Und hatt ein wircklich quartir ein sondern tag gehabt, auch ist der freyfahn in 3 quartir getheilet worden, also das der quartir 8 waren...“

Ein gleichzeitiger Stich mit der Unterschrift : „Verzeichnuss des strassburgischen tîbungs Schiessens mit grobem Geschutz gehalten im Maio 1590“ stellt diesen Aufmarsch dar und begleitet das Bild mit dem Vers :

„In Weiss / Blo / Rot Grün / Gelb quartirt
Rot und weyss der Freyfahn fiert /“

Jedes Quartier führte also eine Erkennungsfarbe als Grundfarbe des Fahnentuches, während „ der Freyfahn“, der deutlich auf diesem Holzschnitt erkenntlich ist, in den Stadtfarben rot und weiß erscheint. Die Bezeichnung Freifahne darf sicher nicht als „Freikorpsfahne“ im heutigen Sinne ausgelegt werden, denn es handelte sich um die freiwilligen Mitglieder des Rates, der Dreizehner, der Zeugherren usw., die als „gefreite Rott“ zu einer Einheit zusammengestellt waren.

Ein weiterer Stich mit der hübschen Legende : „Strassburger Geschütz / Nürnberger Witz / Augsburger Geld / Regiern die Welt /“ schildert den gleichen Aufmarsch, in dessen Mitte die Quartierfahnen und das deutlich auf dem Schrägbalken des Fahnentuches mit » Freifahn « bezeichnete Stadtfeldzeichen wiedergegeben sind.

Nach dem Tode Bischofs Johann IV. von Manderscheidt-Blankenheim (1569-1592) wählten die protestantischen Mitglieder des Straßburger Domkapitels den jungen Markgrafen Johann von Brandenburg, während die Katholiken an den Kardinal Karl von Lothringen als Kandidaten für den Bischofssitz appellierten. Es kam zu einem erbitterten Streit, der schließlich zum sogenannten Bischofskrieg führte und mit Waffengewalt ausgefochten wurde (1592-1604). Die Stadt ergriff, entgegen ihrer Gewohnheit, für den Markgrafen von Brandenburg Partei und stellte sich ganz auf die Seite der Protestanten. Der Kampf endete schließlich nach völliger Erschöpfung der Kriegführenden mit einem Vergleich. Der Kardinal von Lothringen, von König Heinrich IV. von Frankreich unterstützt, erhielt den Bischofssitz; der Markgraf von Brandenburg wurde mit einer Geldentschädigung abgefunden. Der Stadt Strassburg verblieben die völlig erschöpften Finanzen und verwüstete Landstriche.

Gleich zu Beginn der Feindseligkeiten 1592 begann die Stadt mit umfangreichen Aufrüstungen und mit der Anwerbung von Soldtruppen. Die Fahnen wurden aufgeworfen und wehten bald im Pulverdampf.

Am 22. Mai, so erzählt die „Relatio Belli Alsatici“, „haben die Bruderhoeffischen auch uff 100 schantzgreber angenommen, wölche auch ein fehnlin hatten, welches weiss schwartz war“. Diese „Schaufelbauern“, wie sie in der Schweiz genannt wurden, sind die Vorläufer unserer Pioniere, sie führten als besondere, militärische Einheit ein eigenes Feldzeichen. Schwarz-weiß sind die Farben des Hauses Zollern, dem der junge Markgraf von Brandenburg angehörte.

Die eingehendsten Angaben entnehmen wir wiederum dem „Cronicon Alsatia“ von 1592, zunächst über die Fahnen der Straßburger Reiterei, die heute als Standarten bezeichnet werden. Sie wehten an langen, schwarzen Fahnenstangen, die in einer Spitze enden. Das Tuch ist eingeschnitten und mit einer gestückten Fransenbordüre umgeben.

Das erste Blatt (fol. 379): „Erste Reutterfahnen der Stadt Strassburg“ zeigt 2 Standarten. Die erste ist zwei mal rot-weiß-schwarz gestreift mit gleichfarbigem, gesticktem Fransenbesatz .

Auf dem mittleren, schwarzen Streifen ist in goldenen Buchstaben der Wahlspruch DOMINUS ADIVTOR NOSTER (Gott unser Helfer) aufgemalt.




Die Reiterfahnen der Stadt Strassburg 1592 aus dem „Cronicon Alsatiae“

Historisches Museum der Stadt Strassburg

Die Farbenzusammenstellung ist vermutlich aus Sympathie für den Markgrafen von Brandenburg gewählt worden (rot-weiß für Brandenburg, weiß-schwarz für Zollern).

Die zweite Standarte wird als „Bloröcklin Fahn“ bezeichnet, weil die Reiter dieser Formation wahrscheinlich blaue Waffenröcke oder eine Art blauer Überröcke (kasaken) trugen. Entsprechend gab es auch „rottröcklin“, also eine gleichmäßig in rot gekleidete Einheit (fol. 299), welcher vielleicht die erste der beschriebenen Fahnen gehörte.

Diese zweite Standarte ist, entsprechend der ersten, zwei mal blau-weiß-schwarz gestreift mit gleichfarbigem Fransenbesatz und den Initialen I.T.G.J.A.N. Die Auflösung ist darunter gesetzt: „Ich Traue Gott In Aller Noth. Adam Küff genand frentz Rittmeister und Obrister Leuttenandt über die Reutter“.

Diesen beiden entsprechen in ihrer äußeren Form zwei weitere „Reutterfahnen der Statt Strassburg“, die auf fol. 381 abgebildet sind. Die erste davon ist zur Hälfte grau-rot und rot-weiß geschacht, während die andere Hälfte rot-grau-weiß gestreift erscheint. Der Fransenbesatz ist nur weiß-rot gestückt. Die zweite führt einen roten Streifen bei der Stange, von welchem 2 schwarz-weiße Streifen ausgehen. Die Fransen sind weiß-schwarz-rot gestückt.

Von den beiden letzten Standarten dieser Gruppe (fol. 383) gehört die erste - drei mal schwarz-weiß gestreift mit entsprechenden Fransen - zum gleichen Typus. Die andere führt in weißem Feld ein breites, durchgehendes rotes Kreuz, die Fransen sind weiß-rot gestückt. Unterschrift : Fölix Bucher Rittmeister (Abb. 66). Dieses rote Kreuz erinnert an das St. Georgskreuz.

Zwei weitere Strassburger Reiterfahnen (fol. 387) zeigen die damals neue, quadratische Form, die bis auf den heutigen Tag für die Standarten vorbildlich bleiben sollte.



Die Reuterfahnen der Stadt Strassburg 1592 aus dem „Cronicon Alsatiae“

Historisches Museum der Stadt Strassburg

Auf der Vorderseite des „Reutterfahnen Capitäns Serins“ ist in rotem Feld ein aus einer weißen Wolke ragender, geharnischter Rechtarm mit Schwert, darüber die weiße Strassburger Lilie dargestellt. „Die ander Seit des Fahnen Capitän Serins“ führt in weiß den roten Schrägbalken, darüber eine Fortuna mit goldenem Segel. Der Tuchrand der Standarte ist weiß-rot gestückt.

Capitän Pauls Reutterfahnen“ enthält auf schwarzem Grund den bewehrten Rechtarm, rechts und links des Schwertes stehen 2 goldene Lilien. Auf dem Schwert liegt eine dritte kleine, goldene Lilie. Weiß-schwarz gestückter Tuchrand.

Der bewehrte Rechtarm war im 16. und 17. Jahrhundert ein beliebtes heraldisches Motiv. Er war das Symbol der Stärke und der Gerechtigkeit und erscheint schon auf alten Kartenspielen (Tarok). In Strassburg ist er 1633 auf einer Infanteriefahne und 1665 auf einer Standarte nachweisbar, auf die wir noch zurückkommen werden.

Die beiden letzten Blätter des Manuskripts (fol. 391 und 395) sind wieder den Fußvolkfahnen gewidmet, wovon die „Strassburgische Fussvolckfahnen des ersten Regiments“ uns die 6 Kompagniefahnen dieser in städtischem Sold stehenden Formation vor Augen führen.

 


Die Fussvolkfahnen des ersten Regiment der Stadt Strassburg 1592
Aus dem „Cronicon Alsatiae“, Historisches Museum der Stadt Strassburg


Die Handschrift selbst gibt uns einigen Aufschluss über dieses Regiment, dessen » Fähnlein « je nach den Bedürfnissen in Sold genommen oder aufgelöst wurden und sich aus den unmöglichsten Elementen zusammensetzten. Über die Aufstellung wird gesagt : „Knecht angenommen (fol. 194) Dienstag, den 9 May (1592) haben die Herren der statt Strassburg hin und wied den burgern Knecht angeschriben und infurniren lassen, Und auff Pfingst montag hat man Haubtman Bubenhoffers fahn gemustert auf der maurer stub. Der Haubtman lag bey dem Brobst zum Jungen S. Peter, das fahn aber sambt dem fenderich Hans Andress Wurmser in Stechfehlder hoff auff dem Rossmarck.

Pfingst Zinstag hatt man Haubtman Hanssen von Nürenbergs fahn auff der Maurer stub gemustert, Und lag der Haubtman im Bruderhoff ihn den er in die acht Jahr gelegen, und der fahn lagebey dem gertenfisch am staden.

Donderstag den 18 Maij hat man haubtman Hanss Heischen fänlein gemustert und lag der Haubtman bey dem schaffner zu Clauss in Undis. Und sein fendrich Reich in dem Balbier hauss in der Krauttenauen gegen dem Wilhelmer Closter, auff der seiten zum wass(er).

Mittwoch den 17 Maij hat man Haubtman Bartholomei Hansers Knecht gemustert, Und ist der haubtman bey dem dechand zum Alten S. Peter, Und der fendrich Hans von Lampertheim ein schneider In der probstey geleg«.

Über die Sammelstellen der Fähnlein heisst es weiter:

„ ... den 20 Maij am Morgen wurden die thor nicht eröffnet, die kriegsleyt stunden in iren Rüstungen an 4 orten der stat. Haubtleit der statt Hanss von Nürenberg mit seinem fahnen auff dem Weinmarckt. Haubtman Bubenhofier auff dem Rossmarckt, Bartel Hanser auff Thomas plan, und Haubtman Heisch auff dem platz bey S. Niclauss in Undis... « (fol. 211).

Die Fahnen dieser 4 Kompagnien (fol. 391) führen alle die Stadtfarben rot und weiss und haben folgende Unterschriften:

  1. Haubtman Johan Wolffen von Bubenhoffen fahnen. Fenderich Hans Andres Wurmser.

  2. Haubtman Hansen von Nürnberg fahnen. Fenderich Benedictus Bürkel von Durlach.

  3. Haubtman Bartel Hanser, Fendrich Hans von Lampertheim.

  4. Haubtman Hans Heisch, Fendrich Claus Reich.

Hierzu bemerkt der Chronist (fol. 213): „... Das gantze Kriegsvolck zu fuss, war 4 fändlein Knecht, iedes auff 500 Mann starck, den Vorzug hatte Joan Wolff von Bubenhoffen. Sambt seinem fändreich Hans Andres Würmsser: Dissem folgte Hans von Nürenberg, sambt seinem fändrich petro Bürchel, dem noch Bartholomey Hansser sambt seinem fendrichen Hans von Lam perten, nach dissem Haubtman Hans Heisch mit seinem fendrichen Class Reichen.“

Obrister im 1. Auss Zug. Den fussknechten folgete Graff Ludwig von Witgenstein General Oberster ueber dz gantze Kriegsvolck mit 5o reissigen pferden, under welchen der mehrererteils Metziger wahren, samb ettlichen ungereschnen Strassburger fänlin...“

Die Fahne des 5. Fähnleins ist weiß-schwarz gestreift mit der Bezeichnung: „Haubtman Laurentius Rab. fendrich Hans Christoph Schenck von Winterstett“. In diesem einzigen Falle werden wir über die Herkunft dieser Farben unterrichtet. Es handelt sich um brandenburgische Truppen in städtischem Sold (fol. 220):

„den 13 Junij an einem Zinstag zoge Haubtman Laurentius Rab, mit einem fahnen schwartz und weiss der brandenburgisch war, auff 500 starck, darunter 20 schlachtschwerter, 200 mit langen spiesen, 100 Muscatierer, die andern mit kurtzen -wehren und Büchsen aus der statt“.

Die letzte Fahne dieses Blattes ist wieder in gewechselten rot-weissen Stadtfarben gehalten mit der Bezeichnung: „Haubtmann Clauss von Bietenheim. Fendrich Wolff Philipps von Oberkürch“.




Kompagniefahnen der Stadt Strassburg 1633 und 1669.
Nach dem Manuskript der Stadtbibliothek in Schlettstadt


Mit gleichen Farben wird auch das Feldzeichen einer weiteren Abteilung erwähnt : „...und wider ein neues faehnlein schantzgreber, das faehnlein weiss und roth ...“. Am 30. Mai 1592, verließ diese Kompagnie, 400 Mann stark und mit 3 „feldstücklein“ ausgerüstet, die Stadt durch das Weissturmtor (fol. 215).

Am 2. Oktober desselben Jahres, berichtet uns der Chronist (fol. 276) über die Ankunft eines neuen Regiments in Strassburg:

„Ankunft Schwegels Fussknecht. Es sind auch Knecht zu Kail (Kehl) ankommen die von dem Obristen hin und wider betriben wurden“.

Der Bericht über die Musterung dieser Truppe am 9. Oktober 1592 erwähnt die militärische Bekleidung jener Zeit:

Man musterte auch ettliche Knecht auff der metzgerauen under des Schweggels regiment gehörig und führte in die 2000 Schützen röcklin, so zum theil rot, blow und grien waren (fol. 279). Zinstag den 24 hatt man 6 fänlin Knecht, so under Erasmus Schregels Regiment waren gemustert. Under welchen die schützen blauwe, rothe, schwartze und grüne Schützenröckle anhatten...“ (fol. 282).

Die Fahnen dieses Regiments sind (fol. 395) abgebildet mit der Überschrift: „Strassburgisch Regiment, darüber Erasmus Schreggel gesetzt ward zum Obristen“.

 


Die Fussvolkfahnen des Regiments Schreggel 1592
Aus dem „Cronicon Alsatiae“, Historisches Museum der Stadt Strassburg

Diese Fahnendarstellungen weichen von den vorhergehenden durch ihre lebhafteren Farben ab. Die erste ist blau, grün, rot, weiß, mehrmals schräg gestreift. Die Zweite zeigt im weißen Fahnentuch je zwei gegeneinanderstehende Lilien ohne Fuß, von denen die beiden oberen blau, die unteren gelb sind. Die dritte Fahne führt im ersten und vierten Feld gelbe, grüne, blaue und rote Wellen; das zweite Feld ist weiß, das dritte grün. Die vierte ist blau, grün, rot, blau, schräg gestreift mit in der Mitte aufliegender, weißer Wellenlinie. Das fünfte Feldzeichen zeigt im roten Schrägbalken eine weiße Lilie und zwei rote im oberen weißen Feld. Der untere Teil der Fahne ist blau, gelb und weiß gestreift, mit schmalen gelben, weißen oder blauen Flammen belegt. Die letzte Fahne ist aus blauen, roten und weißen ineinandergreifenden Flammen zusammengesetzt.

Wie auf dem Standarten zeigt sich das alte Stadtwahrzeichen, die Lilie in blau, gelb, weiss oder rot. Das berichtet auch die gleichzeitige „Beschreibung des Bischöflichen Krieges“:

»Mittwoch den 11. Weinmonat... über etlich tag sind wider 6 faehnlin herüber zogen, dan man also 2 newes regiment hatt ; ihr faehnlin waren alle weiss und in ieglichem rotte und faehnlin ein weisse oder rotte gilg«.

Ähnliche nur wenig abweichende Fahnen wehen auch auf einer anonymen Darstellung des Kampfes zwischen Molsheim und Strassburg am 25. August 1592. Für die Mittelgruppe des Bildes diente ein Holzschnitt von Jost Amman zur „Kriegsordnung und Regiment, Frankfurt 1564“ von Lienhart Fronsperger als Vorlage. Nur wurde jetzt der Stadtschild von Strassburg der Fahne zugefügt.
 



"Abcontrafetung der Schlacht so zwischen Strassburgischen und Lotharingischen anno 1592 den 25 Augusti gehalten wörden, alles Weiter In bey Legendem Verzeichnuss, ausgeführet"
Kupferstichblatt der Städtischen Museen Strassburg.

Im Hintergrund der Darstellung erscheint noch eine andere Straßburger Fußvolkfahne, ebenfalls gestreift und mit dem Stadtschild. Vor den Reitergruppen des Vordergrundes sprengen Stadttrompeter mit Trompetenfahnen in den Stadtfarben, während 2 weitere wappengeschmückte Standarten der strassburgischen Reiterei die Hauptleute begleiten.

Anscheinend wurden erst 1616 die alten Quartierfahnen der städtischen Miliz von 1590 durch 5 neue ersetzt, die zwar die Quartierfarben beibehielten, aber mit aufgemalten Wahlsprüchen und der Jahreszahl 1616 versehen wurden :

„Im Blauwen“ : Zu Gottes Ehren
 1616
„Im Gelben“: S. P. Q. A.
C. R. P. C. (?)
1616
Senatus, Populusque Argentinensis
(Rat und Volk Strassburgs)
„Im Grünen“:

Pugna pro Patria
1616
(Kämpfe fürs Vaterland)

„Im Weissen“ : Gott walts, Ich wags
1616
„Im Rothen“ : Spero, dum Spiro
1616
(Ich hoffe, so lange ich lebe)


D
ie während des dreißigjährigen Krieges (1618-1648) der Stadt immer drohende Kriegsgefahr führte 1633 zu einer Neuordnung des städtischen Wehrwesens. Acht freiwillige Kompagnien zu Fuß wurden ausgebildet; sie erhielten neue Fahnen. Wir kennen diese Kompagniefahnen durch Abbildungen in einer kolorierten Handschrift in der Stadtbibliothek von Schlettstadt.

Sonderbarerweise erhielt die 1. Kompagnie gleich 2 Fahnen, wahrscheinlich weil sie den anderen Kompagnien zahlenmäßig überlegen war. 1669 bekam sie außerdem noch eine neue Fahne, die wir weiter unten besprechen werden.




Kompagniefahnen der Stadt Strassburg 1633 und Standarte der 1. Reuterkompagnie 1665.
Nach dem Manuskript der Stadtbibliothek in Schlettstadt.

1. Kompagnie: Grünes Fahnentuch, in der Mitte ein weißer Kreis mit roter Stadtlilie in Faserwerk und Krone, darüber in goldenen: Buchstaben : ICH WAGS, GOTT WALTS. Grün bemalter Handgriff (Fähnrich Herr Hans Theobaldt Güntzer)

1. Kompagnie: Weißes Fahnentuch, in der Mitte aufrechtes goldenes Szepter, darüber die rote Lilie in Blattwerk mit goldener Krone, dann die gleiche Inschrift wie oben, doch in roten Majuskeln. Weiß bemalter Handgriff (Fähnrich Herr Martin Andreas König).

2. Kompagnie: Weiß und rot gemustertes Fahnentuch, mit weißem Schrägbalken und der in goldenen Lettern gehaltenen Aufschrift : SPES MEA CHRISTUS. (Meine Hoffnung ist Christus). In den roten Zwickeln der Flugseite je eine weiße Lilie. Rot bemalter Handgriff (Fähnrich Herr Abraham Habrecht).

3. Kompagnie: Blaues Fahnentuch. In der Mitte der golden bekrönte Stadtschild, darum 3 weisse Lilien. Von den Ecken des Fahnentuchs ausgehend je 3 gelbe Flammen. In den blauen Zwischenräumen in goldenen gotischen Buchstaben der Wahlspruch : Gott Mitt Unss Allezeit. Blauer Handgriff. (Fähnerich Herr Frantz Rudolph Gouschardt).

4. Kompagnie: Blaues Fahnentuch mit doppeltem gewelltem, gelbem Vierpass. Im äusseren Feld je 3 von den Passecken ausgehende gelbe Flammen. In der Mitte der Stadtschild, darüber die goldene Lilie und die in goldenen Lettern aufgemalte Inschrift :

  PRO RELIGIONE ET PATRIA DULCE PERICVLVM.
TANDEM BONA CAVSA TRIVMPHAT
(Für Religion und Vaterland ist süß die Gefahr - zuletzt siegt die gute Sache)

Blauer Handgriff. (Fähnrich Herr Joachim Rüderer).

5. Kompagnie: Weiß-blau-rot gewelltes Fahnentuch. In der Mitte die weiße Stadtlilie mit aufliegendem Stadtschild, darüber der aus einer goldenen Wolke ragende bewehrte Rechtarm mit Schwert und über die Klinge gesteckte goldene Krone. In der obersten blauen Wellenlinie die in Goldbuchstaben gemalte Inschrift : HOC VINDICE DVRABIT. (Es wird halten unter diesem Schutz). In der Mitte neben der Lilie MDC-XXXIII. Roter Handgriff (Fähnrich Herr Rudolph Beza).

6. Kompagnie: Grünes Fahnentuch. In der Mitte brauner Dornenkranz, darin der Stadtschild, worunter sich 2 gekreuzte Rosen befinden. In den 4 Ecken des Fahnentuchs je eine weiße Lilie, am oberen und unteren Tuchrand der Sinnspruch in weissen Lettern:

  WER HIE WILL ROSEN BRECHEN
SOLL NICHT ACHTE DORNESTECHEN.

Grüner Handgriff (Fähnrich Herr Lorentz Günther).

7. Kompagnie: Blaues Fahnentuch. In der Mitte, von einem orangefarbenen goldverzierten Lorbeerkranz umgeben, die weiße Lilie mit goldener Krone. Darüber in goldenen Buchstaben die Inschrift : ZU GOTTES EHREN, THV ICH MICH WEHREN. Darunter die Jahreszahl 1633. Blauer Handgriff (Fähnrich Herr Jacob Erhardt).

8. Kompagnie: Blaues Fahnentuch. In der Mitte ein stilisierter gelber Lorbeerkranz, darin der Stadtschild mit der goldenen Inschrift :

  MIT FREVD DARAN
MIT GLVCK DARVAN

In jeder Ecke eine weiße Lilie. Blauer Handgriff (Fähnrich Herr Carl Zorn) .

Jahrelang befand sich die städtische Wehrmacht in steter Alarmbereitschaft. Den hohen Anforderungen an den Opfersinn wie an ihre Fahnentreue entsprach die Bürgerschaft voll und ganz.

Zu dieser Zeit scheint die Stadt keine eigene Reiterei besessen zu haben, was schon beim Beginn des bischöflichen Krieges ins Gewicht fiel. Erst 1665 wurden 2 Kompagnien zu Ross aufgestellt und gleichzeitig jeder eine Standarte überreicht.

Die Standarte oder das Kornett der ersten Kompagnie ist in dem Straßburger Fahnenbuch der Stadtbibliothek in Schlettstadt beidseitig abgebildet.

Das weiße Fahnentuch aus Doppelseide war doppelseitig bestickt und mit schwarz-silbernen Fransen umgeben. Die Vorderseite zeigt den mit einem Schwert bewaffneten, reitenden Marcus Curtius, darüber in hellblauem, goldgerändertem Band den Wahlspruch : IN VTRVM PARATUS (Zu allem bereit). Im Eckquartier das Wappen des Fähnrichs Johann Wencker: Rotgolden geteilter Schild mit darüberliegender holzfarbener Armbrust; Stechhelm mit rot-goldener Helmdecke; als Helmzier ein goldener Löwe zwischen zwei schwarzen Hörnern. Die Rückseite der Standarte war mit dem vollen Stadtwappen und der Jahreszahl 1665 bestickt. Die Fahnenstange war schwarz-weiß geringelt, sie ist mit Gleitschiene und Ring (zum Einhängen in das Bandelier) versehen und endet in einer durchbrochenen, vergoldeten Spitze. Die Fahnenkordeln waren schwarz-golden durchwirkt.

Die Reiterfigur des Marcus Curtius stimmt vollkommen über-ein mit der gleichzeitigen Darstellung auf der Standarte der Palastwache des Prinzen von Schaumburg-Lippe im Schloss zu Bückeburg. Entweder hat also eine Standarte für die andere als Vorbild gedient, oder beide Feldzeichen wurden von derselben Hand gefertigt. Leider ist darüber bis heute noch nichts näheres bekannt.

Die Standarte des Fähnrichs Johann Richshoffer (Reissholler) der 2. Kompagnie ist in der gleichen Handschrift abgebildet, doch ist hier glücklicherweise das Original selbst völlig erhalten ; es ist eine der Zierden des Historischen Museums der Stadt Strassburg. Diese in erstaunlich gutem Zustand auf uns gekommene „Reutterfahne“ muss ihrer Seltenheit wegen eingehend beschrieben werden.


Standarte der 2. Reuterkompagnie der Stadt Strassburg 1665 (Vorderseite)
Historisches Museum der Stadt Strassburg.


Das Fahnentuch setzt sich aus 2 Stofflagen von weißer Damastseide zusammen. Beide Seiten sind bestickt. Die Vorderseite zeigt einen aus einer blauen Wolke ragenden, geharnischten Rechtarm. Die bewehrte Hand hält ein aufrechtstehendes, mit goldenem Griff und Parierstange versehenes Schwert, dessen Klinge durch eine goldene Krone hindurchgeht. Ober dem Rechtarm befindet sich das Wappen der Familie Richshoffer: schwarz-golden geteilter Schild mit zwei goldenen Hufeisen im schwarzen und einem schwarzen Hufeisen im goldenen Feld; Stechhelm mit schwarz-goldener Helmdecke; als Helmzier einen golden-schwarz gespaltenen, wachsenden Mannesrumpf mit gleichfarbiger Mütze. Darüber in einem roten, goldumränderten Band in goldenen Lettern der Wahlspruch : PRO RELIGIONE ET PATRIA (Für Religion und Vaterland). Alles dieses ist mittelst einer feinen, aufgeklebten Leinwand auf den weißen Seidenstoff appliziert.

Die Rückseite zeigt in gleicher Ausführung das volle Stadtwappen und in den 4 Ecken die in feiner Goldfadenstickerei ausgeführte Jahreszahl 1-6-6-5. Die Fransen bestehen aus karmesinroter und gelber Seide, sie sind mit Silberfäden durchschossen. Das Fahnentuch misst genau 0,50 X 0,50 m., die Tülle ist 0,07 m breit, die Fransen sind 0,04 m lang.

Die Fahnenstange aus starkem, kanneliertem, rot und gold bemaltem Holz ist mit Eisenschienen verstärkt. Die Kordeln bestehen aus roter und gelber Seide mit silbernen Fäden. Die durchbrochene Fahnenspitze aus Messing enthält den bewehrten Rechtarm und die Inschrift „Richshoffer 1665“. Der Fahnenschaft ist 3,15 m lang, die Spitze 0,12 m.




Standarte der 2. Reuterkompagnie der Stadt Strassburg 1665, Rückseite.
Historisches Museum der Stadt Strassburg


Beide Standarten wurden am 2. Juni 1665 den Fähnrichen (Kornetts) feierlich überreicht, worüber der Strassburger Ammeister Franziscus Reisseissen anschaulich berichtet:

Den 2. Juni hat man die Standarten von den zwei aufgerichteten bürgerlichen Compagnien zu Pferd auf dem Zeughof angeschlagen im Beisein fast aller Herren des Regiments. Seind die Officiers Herr XV. Mülb Obrister, Herr XXI. Kraut Obristleutnant Herr Ratsherr Schach Rittmeister, dessen Leutnant Herr Ratsherr Hessler, Cornet Herr Johann Reisshoffer. Von der andern Compagnie Herr Ratsherr Würtz Rittmeister, Herr Peter de Barri Leutnant, Herr Johann Wencker Cornet. Es waren die Corneten von Gold und Silber gestikt : auf der Reisshoffers auf einer Seite der Stadt Schild, auf der andern ein Arm aus den Wolken, so ein Schwert in der Hand, welches Schwert durch eine goldene Krone geht. Herrn Wenckers Cornet hatte auf einer Seite auch der Stadt Schild, auf der andern ein Pferd, darauf ein Mann mit einem Sabel. Waren auf beiden Corneten der Cornetträger Wappen und auf dem Ersten : Pro religione et patria, auf dem andern : In utrumque paratus. Und ehe man sie angeschlagen, haben Herr Obrister und Obristleutnant die Ursachen, warum man zusammengekommen, angezeigt, worauf regierende Herren Stättund Ammeister die ersten Nägel angeschlagen, denen gefolgt die Ober-Zeugherren, darauf die Ober-Wachtherren und übrige Herren des Regiments, vor welchen letzteren gleichwohl die vornehmsten Officiers von beiden Compagnien, nach den Regimentsherren die gemeinen Soldaten, so da gewesen; in beiden Compagnien, und letztlich andere gute Freunde, worunter ich auch gewesen. Nachdem die Standarten angeschlagen gewesen, haben solche die Rittmeister praesentirt und seind darauf nach Haus geritten. Auf den Abend haben die Herren XIII. benebenst den vornehmsten Officieren eine staatliche Mahlzeit auf dem Zeughof gethan.

Den 7. huius seind die zwei Compagnien zu Pferd und acht Compagnien junge Mannschaft dem Herrn Obristen und Obristleutnant vor dem Wickhäusel praesentirt worden. Kamen morgens um 5 Uhr auf dem Barfüsserplatz zusammen und marschirten um 6 Uhr zum Metzgerthor hinaus. War der Obrist zu Pferd, der Obristleutnant aber in der Stadt zu Fuss; liessen die hohen Officiers ihnen (sich) Handpferde vorführen und waren sämtlich wohl montirt. Die Praesentation geschah von den Ober-Zeugherren, und wurde der Vortrag von Herrn Johann Ulrich Frid gethan, worauf sie dreimal Salven gegeben ; und seind sie um 11 Uhr wiederum in die Stadt marschirt. Gott gebe, dass man ihrer in Ernst nicht bedarf !“

Beide Standarten verloren durch die politischen Ereignisse von 1681 ihre ursprüngliche Bedeutung und ihren Glanz. Nach einer alten Familientradition soll die Standarte der zweiten Reiterkompagnie bei der Auflösung der Stadtmiliz dem Kornett Johann Richshoffer übergeben worden sein. Sie war seither ein treu gehütetes Familienandenken. Während der Belagerung Strassburgs von 1870 entging die Richshoffer'sche Standarte gerade noch der Vernichtung. Sie befand sich wohl verwahrt in der Wohnung der Familie, als eine einschlagende Granate die Umhüllung der Fahnenstange zerriss und dem Lanzenschuh eine noch heute sichtbare, tiefe Kerbe zufügte.

Erst 1917 kam dieses wertvolle Feldzeichen als ein Zeuge vergangener Stadtherrlichkeit wieder in den Besitz der Stadt.

Die städtische Infanterie behielt ihre Fahnen von 1633, nur der ersten Kompagnie wurde 1669 eine neue Fahne überreicht. Ihr Aussehen ist uns wiederum durch die Abbildung in der Schlettstadter Handschrift überliefert: Im roten Fahnentuch liegt ein grüner Lorbeerkranz, der oben in die Wappen der Familien Reisseissen und Müller (?)endet und von einer weißen Lilie überhöht ist. In der Mitte das Wappen des Fähnrichs Matthaeus Kniebs: schwarzer Schild mit silbernem Hufeisen und 3 goldenen Sternen ; Stechhelm mit schwarz-weißer Helmdecke und zwei weißen Hörnern mit darüberliegender schwarzer Binde mit goldenem Stern. Über dem Wappen die Jahreszahl 1669. Am oberen Tuchrand in goldenen Buchstaben die Inschrift: ZVM SCHVTZ . ZVM TRVTZ.

Wahrscheinlich war diese Fahne wie die anderen Infanteriefahnen nur bemalt und nicht gestickt.

Als 1672 die drohenden Kriegswirren des holländischen Feldzuges auch die Stadt Strassburg in Mitleidenschaft zogen, wurde eiligst zur Vermehrung der städtischen Wehrmacht geschritten. Die fünf seit langem bestehenden Quartierkompagnien wurden verdreifacht und mit 15 neuen Fahnen ausgestattet. Außerdem wurden 23 Milizkompagnien aufgestellt, die ebenfalls neue Feldzeichen erhielten.

Leider sind keine Abbildungen dieser Fahnen vorhanden, doch geben uns 2 Handschriften der Sammlung Heitz (heute in der Landes- und Universitätsbibliothek), ausführliche Auskunft über ihre Beschaffenheit. Der Titel der ersten Handschrift lautet: „Die ienige Symbola welche auff den 15 Strassburgischen Quartierfahnen stehen“.

Im gleichen Manuskript wird (fol. 4) auch eine im Zeughaus der Stadt aufbewahrte Fahne erwähnt: „fahn in Zeughof so hat ein rothes feldt /Inscriptio Lex regit. Arma Tuentur“ (Das Gesetz herrscht, die Waffen mögen beschützen).

Aus der zweiten, ebenfalls anonymen Handschrift: „Fähnen der Bürgerschaft zu Strassburg 1672“ führen wir die interessantesten Stellen im Originaltext an :

demnach man Anno 1672 bey Verbesserung der alten geschöllordtnung Under anderem auch dahin bedacht gewesen, wie die Burgerschaft nicht mehr, wie biss anhero, nur von dem Münster, sondern auch auf anderen plätzen in der statt erscheinen möchte, alss hat man selbige in-23. fähnen zu ordtnen, Unndt solche hier undt her in der Statt undt Vohr stätten nach notturfft auszutheilen für räthlich befundten, unndt jedem fahnen seine gewisse Station undt lermenplätz angewiesen, in meinung das auf soche weise die burgerschallt den bezircken undt gassen nach, viel eher undt geschwinder, als zuvohr den Zünften dar man offtenmalen einen sehr weiten weg her gehen, auch verschrenckt und durcheinander lauffen müssen, in geschöll Zeiten versammlet werden köndte.

Solche gute undt nutzliche Verordtnung nun ins werck zu setzen ist man gemüssiget wordten, neuer fähnen machen zu lassen. Dieweilen aber Herkomment und gebräuchlich, dz ieweilen in die fähnen einige Symbola oder Muht-Spriche geschriben werdten, alls ist mier von den oberen Wacht Herren, welche disse geschäffte undter händten hatten undt ich eben dazumahl ein Assessor mit war, aufgetragen wordten, auf dergleichen Spriche bedacht zu sein; welches ich dan auch gutwillig übernommen habe, solchen nach folgendte, so wohl teutsch- als auch lateinische erfrischungs Spriche auf die fähnen zu setzen vorgeschlagen, die dan allerseits beliebt undt mit grosen guldenen buchstaben auf jeden fahnen gesetzt undt geschriben wordten, wie folgt...

Die 23 Bürger Fahnen:

Der Fahn vor der Pfaltz : Greifft muthig zur wehr
Fürs vatterlandts ehr.
Thomans-Plan : Dapffer muthig, frisch daran,
Gott ist mit uns auf dem plan.
Baarfusser-Platz (Fahn mit der Sonnen) : Te lucente calescimus
(Dein Schein wärmt uns).
Baarfusser-Platz (Fahn mit dem Mondt) : Noctescere nequit
(Er will nicht, dass es Nacht werde).
Baarfusser-Platz (Fahn mit denen Sternen) : His bellatoribus, occumbet Sissera
(Solchen Streitern wird Sissera unterliegen)
Münster-Platz. 1. Compagnie. Saltzhauss : Ihr Brüder fasst ein Heldenmuth,
Es gilt die Freyheit, Haab und guth.
Münster. 2. Compagnie. Bey St. Lorentzen : Viel lieber gestritten, und ehrlich gestorben,
Als Freyheit verlohren, und Seele verdorben.
Münster. 3. Compagnie. Fronhoff : Gottes Ehr, das Höchste Guth,
Retten wier mit unssrem Bluth.
Münster. 4. Compagnie. Kirschenmarck : Gute sach, gerechte waffen,
Können Sieg vndt rettung schaffen.
Münster. 5. Compagnie. Bey der grossen Kirchthür: Quid non pro Religione !
(Alles für den Glauben !)
Speyerthor: Libertatem sanguine redimere honestum
(Schön ist es die Freiheit mit Blut zu erkämpfen)
Rossmarkt: Aut vincere, aut mori
(Siegen oder sterben)
Jungen St. Peter (Fahn mit dem Sternen) Der Stern aus Jacob hüet vndt wacht,
Das vns nicht schadt der feinde macht,
Stephans-Plan : Militemus
(Lasst uns kämpfen !)
Weissthurn : Wir werffen auf, Herr, dein Panier
Streit du für vns, so siegen wier.
Cronenburg: Libertas potior vita
(Freiheit ist besser als Leben)
Steinstraas: Des Höchsten Schutz,
Der feindte Trutz
Judenthor: Dissipentur inimici
(Mögen unsere Feinde zerstreut werden)
Fischerthor: Tuis, Jehova, auspicilis
(Unter deinem Schutze, Jehovah)
Newtor (Fahn mit der Rooss): Wilt die disse Roossen brechen
Müssen dich die Dornen stechen
Metzigerthor : Vnverzagt,
Frisch gewagt.
Spitahlthor : Victoria Praemium, libertas
(Freiheit ist des Siegers Preis)
Elisabethenthor: Bona cause, repulsae nescia
(Gutes Recht geht nicht fehl)

 

Es haben auch die Obere-Zeugherren sich in oberrihrten Jahr entschlossen, denjenigen, die auf den Wahlen undt quartieren zu geschöll Zeiten sich ein Zu findten haben, gleicher stalten nach dem Exempel der Burgerschaft auf den Haupt-plätzen in der Statt, neuere fahnen zu geben. Unndt wie Zu vohr ein jedt quartier 3. Compagnien aber nur einen fahnen gehabt, also solche anjetzo undt ins-künfftig eine jede Compagnie, einen eigenen fahnen haben, seindt demnach 15. neuere fahnen gemacht undt mier die einschrifft zu inventieren gemuthet worden, welche dan in folgenden dictii behandtelt von den oberen Zeüg Herren belieb undt in hernach gesetzter ordtnung auf die fähnen gesetzt wordten.

Die 20 Quartier-Fahnen:

Das erste Quartier. Mit den blauwen Fahnen, begreift in sich das Schnackenloch, St. Johanneswahl undt Lug ins Landt.

Mit der Lili : Erubescant, et conturbentur inimici nostri.
(Unsere Feinde mögen erröthen und zerstreut werden).
Mit der Rooss : Non sine vulnere franges
(Du wirst sie nicht ohne Wunde brechen).
Mit der Sonnen-Blum : Mit Gott wollen wier takten thuen.

Das zweyte Quartier. Mit den rohten Fahnen, hat in sich den weissen Thurn, das Heyden-Bollwerck undt Cronenburg.
 

Mit der Lili : Conserva Christe nitorem
(Bewahre Christus deinen Glanz).
Mit der Rooss : Fortes adjuvat ipse Deus
(Gott hilft den Tapfern).
Mit der Sonnen-Blum : Wier achten nicht der Feindte wuht,
Gott ist ja vnsser schutz vndt Huth.


Das dritte Quartier. Mit den grünen Fahnen, hat in sich das Roosseneck, den Kirschgarten, den Sack.

Mit der Lili : Gott gibt den Sieg in dessen Handt,
Der Mannlich streit fürs vatterlandt.
Mit der Rooss : Quisquis pro Patria moritur, vivere incipit
(Wer für's Vaterland stirbt, fängt an zu leben).
Mit der Sonnen-Blum : Pugnate, ne iis serviatis
(Kämpft um ihnen nicht zu dienen).

 

Das vierte Quartier. Mit den gelben Fahnen, hat in seinem Bezirck das Fischerthora den Giesswahl, den Currtenwahl.

 

Der gelbe Fahn, mit der Lili: Vertraue nur Gott,
Es hatt kein noth.
Mit der Rooss : Delectat sed pungit
(Sie freut, aber sticht).
Mit der Sonnen-Blum: Expecta Dominum, age viriliter
(Trau auf den Herren und handle männlich).


Das fünffte Quartier. Mit den weissen Fähnen, begreift in sich das Metzigerthor, das Spitahl-Bollwerck vndt das Elssbethen-Bollwerck.

Mit der Lili : Si non nobis, saltem posteris
(Wenn nicht für uns, doch für unsere Nachkommen).
Mit der Rooss : Aculeata est, banc tu rescindere cave
(Sie ist bedornt, gib acht sie zu pflücken).
Mit der Sonnen-Blum : Was förchten wier,
 Gott ist allhier.

 

die vorbenante 23. Burger-fähnen haben gekost.

der Taffet undt Seydt

266 fl.

7.s.

1.

schneider lohn

87.

6.

 

die Symbola zu mahlen

150.

 

 

ferner für Seydt

22.

3.

4.

die Müssin-Verguldte Spitze

50.

 

 

die Stangen

6.

1.

4.

Sattler-lohn die fähnen anzuschlagen

6.

9.

 

Die ausführliche Kostenrechnung für diese Fahnen gibt uns über weitere Einzelheiten Auskunft. Sie wurden demnach aus Seidentaffet gefertigt und an den mit einer vergoldeten Messingspitze versehenen Schaft mit Nägeln angeschlagen, entgegen der bisherigen Befestigung mittelst der den Schaft umgebenden Tülle.

Die Handschrift nennt noch weitere vom Verfasser vorgeschlagene, aber vom Rate nicht genehmigte, zum Teil originelle Wahlsprüche:

N.B. die andere Symbola, so mit in die wahl gegeben wordten waren disse: Desuper auxilium / Quid ni, vim vi repellere licet ? Herr, lohn meine Handt streiter, und meine fausstkrieger. 4 144. v. 1. / Breite aus deinen Arm, und zerschmettere die feinde, Judith, 9 v. 9 / Durch dich wollen wir Unsere feindte zerstossen 4. 44. V. 6. / Cum Deo et victoricibus armis. / Salus a Domino. / Lex regit, Arma tuentur / Frangamus, ne frangemur, Frangimur ni frangimus / Libertatis tuendae ergo Du bist unser Spies, wofür soit mir grauen / Solem sequar usque ad occasum. Omnis victoria a Deo. / Audendum est, fortes adjuvat ipse Deus. / Sol illuminatio mea - Zur Sonnenblum. / Pro Deo et Patria. / Potiora suppressorum quarr supprimentium arma Libertas et vita, pari passu ambulant. / Ad lilium et Heliotropium. / Marcescere nequit, Languescere nequit. Î Nunquam languesce. / frisch die wehr zur handt, es gilt ds Vatter landt. Du würst, Her, die feindte wie döpffe zerschmeissen, Undt ihnen die bandte und seyler zerreissen. f Er würdt Sie wie töpffe zerschmeissen, Ihr bandte und Seyler zerreissen.

Schon bald nach 1672 gingen die Franzosen gegen die Freie Stadt und Republik Strassburg militärisch vor und setzten die Rheinbrücke bei Kehl in Brand. Der städtischen Wehrmacht bereitete die Kapitulation von 1681 ein ruhmloses Ende.

Über das weitere Schicksal aller dieser Feldzeichen ist nichts bekannt. Nach der Besetzung Straßburgs durch eine französische Garnison werden sie wohl in das städtische Zeughaus abgeliefert worden, oder auch in privaten Händen geblieben sein. Diejenigen, die diese folgenschweren Ereignisse überdauerten, sind dann wahrscheinlich in den Stürmen der französischen Revolution oder 1870 im Brande der Stadtbibliothek untergegangen. Im Geiste aber sehen wir sie noch, begleitet von klingendem Spiel, stolz und farbenprächtig durch die Gassen des alten Strassburg ziehen.